Gleich vorab: Was ihr hier zu lesen bekommt, habt ihr vermutlich teilweise noch nirgendwo gesehen. Aber die Tipps wie euer Druck besser haftet und wie ihr ihn besser abbekommt sind Gold wert!
Flsun Deltadrucker verfügen über eine speziell beschichtete Glasplatte. Die genaue Rezeptur der Beschichtung ist Firmengeheimnis, aber wenn man alles richtig macht ist sie ein echter "Gamechanger"!
Über die vielen unterschiedlichen Methoden, wie man die Haftung des Drucks verbessert wird es noch einen Artikel geben, aber hier beschränken wir uns auf die einfachsten, günstigsten und praxiserprobten Verfahren. Zunächst einmal eine Regel Nummer 1 die ihr wirklich beherzigen sollt, wenn die Glasplatte länger halten soll und eure Prints sich nicht verziehen sollen:
Regel Nummer 1: Lass deinen Print abkühlen!
Nein, gehe nicht mit einer Spachtel dran, nachdem der Drucker gerade 2 Minuten fertig ist. Lass dem Print Zeit! Genügend Zeit, damit er sich so weit wie irgend möglich selbst vom Druckbett lösen kann. Warmer Kunststoff ist klebrig und jede gewaltsame Ablösung schwächt die Beschichtung der Druckplatte und im schlimmsten Fall platzen Splitter von ihr ab! Das ist mehr als ärgerlich und meist unnötig.
Auch wenn die Temperaturanzeige auf dem Touchdisplay anzeigt, das das Druckbett unter 40°C abgekühlt ist, kann es im Inneren noch wesentlich heißer sein. Beim gewaltsamen Ablösen kann dies durch thermische Spannungen zudem dazu führen, dass sich dein Bauteil verformt. Insbesondere bei flachen Bauteilen ist dies kritisch. Am Ende ist es zwar befreit aber krumm.
Regel Nummer 2: Verwende einen Haftvermittler!
Drucke nie direkt auf die Glasplatte, sondern verwende immer eine Schicht eines Haftvermittlers. Wenn der Druck "sticky" also zu klebrig ist, reißt du höchstens mal die Schicht des Haftvermittlers ab, aber die Glasplatte der Druckers bleibt heil. Erneuere sie nach jedem Druck leicht und spätestens nach 10 Drucken komplett mit einem Reinigungszyklus. Es gibt Anwender die Holzleim, Prittstift, ABS Sluice oder Bluetape verwenden. Das ist teilweise Geschmackssache, diese Produkte haben aber auch einige Nachteile.
Ideal als Haftvermittler finde ich die Verwendung von Haarlack/Haarspray oder kommerziellem 3D Druck Spray. Die eigentliche Funktion dieser Mittel war es in der Vergangenheit die Haftung zwischen Druckmaterial und Druckbett zu erhöhen. Die Druckbetthaftung der Flsun Deltas ist aber von Haus aus hervorragend - manchmal eher zu gut. Daher ist hier die eigentliche Aufgabe, zu verhindern, dass die Beschichtung der Glasplatte sich zu schnell abnutzt oder die Glasplatte splittert.
Haarlack oder 3D Lack ist ein billiges und absolut effektives Mittel um das zu verhindern.
Regel Nummer 3: Benutze PLA wenn immer möglich
PLA mag nicht immer das Material deiner Wahl sein, wenn du etwas ganz bestimmtes erzielen willst. Oftmals gehen jedoch die ersten Drucke schief, insbesondere dann, wenn das Teil selbst per CAD erstellt wurde. Andere Materialien wie PETG oder ABS haften aber viel stärker an der Druckplatte. Sie werden heißer gedruckt und belasten sei daher stärker. Das Ablösen erfordert gerade bei PETG mehr Kraftaufwand und erhöht daher den Verschleiß der Beschichtung und das Risiko von Beschädigungen beim Ablösen. PLA lässt sich in aller Regel mit minimalem Kraftaufwand ablösen. manchmal kann man es sogar einfach von der Druckplattform abnehmen (Regel 1 ;-) )Dies und weil aus Praxiserfahrung viele Drucke in der Recyclingtonne landen, solltest du bis kurz vor dem Schluss lieber mit PLA die Funktionalität, Haptik oder das Aussehen mit PLA erst mal testen. Das verlängert die Lebensdauer der Druckplatte, ist umweltfreundlicher und kostet auch weniger Energie und Geld für das Material.
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Wie oft landet der mühsam erstellte Print im Abfall? |
TPU / TPE ist aufgrund seiner Klebrigkeit im heißen zustand ebenfalls ein Druckbettkiller, wenn man nicht einen Haftvermittler einsetzt. Also drucke diese elastischen Kunststoffe nie direkt auf das Glassbett!
Noch ein Tipp: Nutze neutrales ungefärbtes PLA. Alle Zusätze verschleißen deine Düse schneller, dazu zählen auch die Farbpartikel. Färbe das Material im Nachgang lieber ein. Dann musst du auch nicht so viele Farben der Filamente kaufen und bevorraten.
Regel Nummer 4: Benutze keinen Metallspachtel !
Der bei den Flsun Druckern beigelegte Spachtel ist toll um Wände zu verputzen, Klebereste vom Fußboden abzuschaben oder sich eine dicke Scheibe Brot abzuschneiden. Zum Entfernen von Prints solltest du ihn möglichst nicht benutzen! Auch nicht um Reste und Rückstände von vorherigen Drucken zu entfernen. Lasse sie lieber drauf oder versuche es vorsichtig mit einem Kunststoffschaber oder den Fingern. Sie stören nicht weiter, werden mit dem 3D Lack versiegelt und kommen ohnehin nach und nach wieder von der Druckplattform ab. Meistens haben Sie sich in die kleinen Vertiefungen des Glassbetts festgesetzt und da kommst du mit dem Schaber ohnehin nicht dran. Die scharfkantige Klinge garantiert tiefe Kratzer in der Beschichtung Glasplatte und verkürzt so ihre Lebensdauer. Und überhaupt: Wenn du die Tipps hier befolgst, wirst du keinen Schaber benötigen, denn du hebst den Print einfach ( nach dem ausgiebigen Abkühlen ) mit minimalem Kraftaufwand ab!
Regel Nummer 5: Ist dein Bodenlayer wirklich plan???
Oftmals scheint es so im Cura oder einem anderen 3D Druck Programm, als ob das Bauteil plan auf der Platte aufliegt. Überprüfe das! Schon geringe Abweichungen führen zu einem Chaos. Cura bietet mittlerweile eine Funktion um zu prüfen ob das Bauteil in den negativen Bereich der Druckplatte hineinragt oder davon abhebt. besser wäre eine Warnung, aber vielleicht kommt das ja noch...
Regel Nummer 6: Fahr den ersten Layer langsam!
Layer 1 dauert maximal 5-10 Minuten. Warum also hetzen? Fahr den Layer langsam und kontrollieren die Haftung. Siehst du Spalten zwischen den einzelnen bahnen, passe deine Z Einstellung on-the-fly, also während des Druckens noch an. Das geht nämlich mit den Flsun Druckern und ist ein immenser Vorteil. Wenn ich technische Bauteile drucke, bei denen es auf Qualität und Maßhaltigkeit ankommt, fahre ich den ersten Layer nie mit mehr als 30mm/s, 25mm sind noch mal eine Dimension besser. Der erste Layer ist superkritisch und Zeit sollte dafür einfach sein. Übrigens auch die zeit mal hinzuschauen und den Drucker nicht aus der Ferne einfach losrennen zu lassen. Nimm die eine Tasse Kaffee/Tee und schau dir das Schauspiel entspannt an... ;-)
Regel Nummer 7: Hast du heute dein Board schon gelevelt?
Nein? Dann erledige das doch erst mal! Auch wenn es heißt, man müsse bei den Flsun Deltas das nur ein einziges Mal im Leben machen: Tue es einfach.
Die Antriebsriemen können ausleiern, die Umgebungstemperatur hat auch einen Einfluss auf die Mechanik (Steht der Drucker z.B. in der Nähe einer Heizung?) , vielleicht hast du es zuletzt auch nicht wirklich gründlich gemacht (Schalte das Heated Bed auf die Drucktemperatur beim Autoleveling, bei der du auch drucken willst). Vielleicht hat auch ein Schelm deine Einstellungen verstellt. Oder, oder, oder. Schließe dies als Ursache einfach aus und du kommst der Lösung des Rätsels einen Schritt näher.
Regel Nummer 8: Prüfe die richtigen Temperaturen für den Druck
Herstellerangaben zur optimalen Drucktemperatur und der Betriebstemperatur des Heated Beds können nicht jeden nur erdenklichen Fall abdecken. Grundsätzlich sollten die Temperatur des Hotends und des heated Beds so nahe wie möglich beieinander liegen um die Auswirkung der Schrumpfung während des Abkühlprozesses so gering wie möglich zu halten. Über 100°C werden es aber wohl immer sein. An dieser Stelle kann man also nur etwas feintunen. Für eine gute Haftung sollte das Filament so heiß wie möglich die Düse verlassen. Das wiederum ist ein Hindernis beim Angleichen der Temperaturdifferenz. Ein häufiges Problem sind allerdings die ungenauen Erfassungen der Temperaturen bei fats allen 3D Druckern. Prüfe anhand eines Infrarotthermometers wie genau die vom System angezeigten Temperaturen mit der Realität übereinstimmen und justiere ggf. nach.
Regel Nummer 9: Vermeide Geometrien die zum Warping neigen.
Warping, also das Aufstellen von bereits gedruckten Bereichen entsteht durch das ungleichmäßige Abkühlen des Druckobjekts. Besonders lange dünne Strukturen oder Ecken sind hierfür anfällig. Vermeide 90° Ecken und runde diese besser ab, wenn möglich. Füge runde Pads an die ersten 2-3 Layer, die dann später entfernt werden können, durch ihre vergrößerte Oberfläche und ihre runde Form jedoch das Warping unterdrücken können. Natürlich sollte auch die Funktion "Skirt" im Slicer genutzt werden um dem Druckobjekt eine breite Hafthilfe zu bieten. Aber auch die Haftungsvariante "Raft" kann für Entspannung beim Abkühlen sorgen.
Regel 10: Lass deinen Print abkühlen!